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Ein westfälischer Nachkriegsmoderner

Bernhard Gewers – ein westfälischer Nachkriegsmoderner
Von Carina Plath

Eine Plattform mit einer Vielzahl transparenter Röhren, die mit verschiedenfarbigen Flüssigkeiten gefüllt werden können (Großes Farb-Licht-Wasserspiel (Modell), 1976), eine Bronzemadonna mit seitwärts stehendem Kind, umgeben von einem Ring, der ungeschliffene Bergkristalle enthält (Madonna mit Weltenrad, 1952), eine Platte mit einem dystopisch erscheinenden Stadtplan mit zerstörten Bauten (Die Inbesitznahme der Erde durch den Menschen, 1969), Chorschranken aus Metall für die Abteikirche in Gerleve (1972) und abstrakte Betonreliefs (1984): All dies sind Werke, die der Bildhauer Bernhard Gewers zwischen den 1950er und 1980er Jahren geschaffen hat und die die extreme Bandbreite des begabten Handwerkers und Künstlers zeigen.

Aus heutiger Sicht beinhalten Gewers künstlerische Werke sinnliche und physische Qualitäten, die in unserem Alltag größtenteils verloren scheinen. Sein Werk ist vielfältig, individuell und auch zeittypisch; Gewers ist ebenso ein für die Nachkriegszeit charakteristischer Künstler wie er auch immer wieder individuelle Lösungen mit Hilfe seiner handwerklichen Könnerschaft, seinem breiten kunsthistorischen Wissen und seiner Verbundenheit mit der Landschaft und der künstlerischen Tradition seiner Wahlheimat Hagen am Teutoburger Wald gefunden hat.

Besucht man seinen Kotten und vor allem seine Werkstatt, in der nach seinem Tod vieles unverändert blieb, erkennt man dies an den voll gefüllten Glasschränken, die Modelle, Fundstücke aus der Natur, Probegüsse sowie Materialien versammeln. Hinter zahlreichen historischen Möbeln findet man Teile von gotischen und Renaissance-Steinskulpturen aus alten Gebäuden – hier eine Fiale, dort ein kleiner barocker Engel. Oben auf dem Sims verstaut: Frühe Köpfe und Versuche realistischer Kunst, am Deckenbalken hängt die Sense, mit der die Wiesen eigenhändig gemäht wurden.

Diese Werkstattsituation und die Wahl, in die Kleinstadt am Teutoburger Wald zu ziehen, sind – auch ohne die Person Bernhard Gewers gekannt zu haben – sprechend. Der Künstler ist ein Kind seiner Zeit: Über die Erfahrungen an der Front im Zweiten Weltkrieg, von der nicht gesprochen wird, zur Aufbruchszeit mit seiner Lehre und Meisterprüfung als Stein- und Holzbildhauer an der Werkkunstschule Münster, dem Architekturstudium an der TU Darmstadt, schließlich dem Kunststudium an der Akademie in Stuttgart, das er 1953 als Meisterschüler beendet, bis zur Heirat und Gründung einer Familie mit Ilse Strauss, ebenfalls Bildhauerin, 1959, und der Geburt der drei Söhne. Gewers ist ein bürgerlicher und solider Künstler; seine Generation zeichnet sich durch Konsolidierung aus, nach den verheerenden Kriegserfahrungen, dem Aufwachsen in den Trümmerlandschaften und der zunächst existierenden Knappheit der Mittel. Emotional und psychisch bedeutete dies bei vielen auch unterdrückte Traumata, die Fortsetzung patriarchalischer Strukturen und oft reservierte bis teilnahmslose Vaterschaft. Die Kriegskindergeneration war gezeichnet, spürte aber nach dem Krieg die Möglichkeit, auf Handwerkstraditionen und Meisterschaften der Großvätergeneration zurückgreifen und aus der Not eine Tugend machen zu können. Einfache Materialien und Mittel standen ebenso für diese Strategie als sie auch der scheinbaren Notwendigkeit folgten, mit der »Stunde Null« wieder anzufangen. Aus heutiger Beurteilung hat es diese weder gesellschaftlich, politisch noch künstlerisch gegeben; die Kontinuitäten existierten in den Ämtern und den Positionen wie auch gesamtgesellschaftlich. Figuren wie Gewers’ Lehrer in Darmstadt, Ernst Neufert, der Bauhausschüler und berühmte Verfasser des Standardwerks der Bauentwurfslehre (1939), der im Zweiten Weltkrieg unterstützt von Albert Speer als Reichsbeauftragter für Baunormung unter anderem für die Rationalisierung des Industriebaus zuständig war und nach 1945 zum Professor an die TU Darmstadt berufen wurde, wo er die Bauhauslehren weiterführte, sind paradigmatisch für die damaligen Karrieren. Aufgrund der vielen getöteten, vertriebenen oder als Nazis ausgesonderten Führungskräfte und Wissenschaftler waren die entnazifizierten Professoren sowie die in den 1920er Jahren ausgebildeten Frauen zunächst diejenigen, die die vielen leeren Stellen an Hochschulen und Museen übernahmen. Doch waren es nicht nur die Leitbilder, an denen sich Gewers abarbeitete – neben Kollegen wie Otto Herbert Hajek, mit dem er gemeinsam in Stuttgart studierte, waren es auch Figuren des Alltags wie der Hausmeister der Akademie, den der Künstler in seinem frühen Portrait Pelzer (1951) abbildete. Der an ihm praktizierte Realismus, der heute an Skulpturen des jüngeren Stephan Balkenhol erinnert, ist damals der erste und direkte Zugriff des jungen Künstlers, der sich weiter orientieren und in seiner Praxis ausbilden wird.

Die Kunstwelt der Nachkriegszeit ist geprägt durch offene Diskussionen zur Kunst, die parallel zur Ausbildung und zum Leben der demokratischen Verfassung der Bundesrepublik Deutschland erfolgen und diese spiegeln. Der erbitterte Streit zwischen dem Kunsthistoriker Hans Sedlmayr und dem Künstler Willi Baumeister bei den berühmten Darmstädter Gesprächen von 1950 spaltete die KünstlerInnen in Anhänger von Figuration und Abstraktion. Es folgte ein langjähriger Streit, der auch harte persönliche Konsequenzen für einige hatte, wie etwa den damaligen Präsidenten der Hochschule der Künste Berlin, Karl Hofer, der sich als figurativer Maler denunziert und vom herrschenden Diskurs isoliert sah. Dominant waren die führenden Kritiker Werner Haftmann und Will Grohmann, Fürsprecher einer anti-nationalsozialistischen, progressiven abstrakten Moderne, die auch eng befreundet mit internationalen Kritikern waren wie dem einflussreichen Briten Herbert Read. Der Siegeszug der britischen Künstler, zunächst von Henry Moore, später von den Vertretern der sogenannten »Geometry of Fear« (Read) Lynn Chadwick, Reg Butler, Kenneth Armitage und Edoardo Paolozzi wurde vom British Council finanziell unterstützt und zur moralischen Erziehung der deutschen Bevölkerung eingesetzt. Arnold Bode zeigte sie prominent auf den ersten beiden documenta-Schauen in Kassel 1955 und 1959.
Die deutschen Bildhauer bewunderten Moore, der auch einige von ihnen in ihren Ateliers in Deutschland besuchte, waren aber durchaus eigenständig. Zu den wichtigsten gehörten Hans Uhlmann und Karl Hartung, bei den Malern Willi Baumeister, Emil Schumacher und Ernst Wilhelm Nay, die eigene Wege fanden, eine gemäßigte abstrakte Moderne zu formulieren, die die Abstraktion der 1920er Jahre weiterführte.

Spektakuläre Wettbewerbe wie der um das »Denkmal für den unbekannten politischen Gefangenen« (1952/53) für Berlin sind sicher nicht an Gewers vorbeigegangen. An dem mit einem Preisgeld von 50.000 DM ausgeschriebenen Wettbewerb für ein großes Denkmal in Berlin nahmen u. a. Naum Gabo, Barbara Hepworth und Antoine Pevsner, aber auch Alexander Calder und Max Bill teil, und die Zahl von über 3.000 BewerberInnen zeigt das »Who is who« der internationalen Kunst der 1950er Jahre. Gewinner war eine sehr umstrittene antennen- und wachturmähnliche Skulptur des britischen Bildhauers Reg Butler, die in der breiten Diskussion in der Presse die große Feindseligkeit der allgemeinen Bevölkerung gegenüber abstrakter, »nicht-menschlicher« Kunst wieder aufkeimen ließ.

In seiner käfigartigen Skulptur Gefangen im Raum, (ca. 1956) spiegelt Gewers Themen der vielen Entwürfe des Wettbewerbs, wie die derzeitige Beschäftigung der Bildhauerei mit der Auflösung von Masse zugunsten von umschriebenem Raum. Die Materialmischung von Bronze und Stahl auf dem unbehauenen Steinsockel reflektiert ebenso die Auseinandersetzung der BildhauerInnen mit den zeitgenössischen, zuvor der Kunst unwürdigen Materialien von Stahl und Eisen, wie sie auch mit den gefangenen Figuren die Gefangenheit und Transparenz des gitterähnlichen Kubus thematisiert. Neue Raumbegriffe, bei denen die Skulptur durch den freistehenden Leerraum gekennzeichnet sein konnte, waren zuvor bei Moore, Butler und Hepworth zu sehen. An Gewers’ Skulpturen zeigt sich sehr deutlich, dass er die aktuellen Diskussionen der Zeit kannte und sich mit ihnen beschäftigte.

Die westdeutsche Kunstszene war damals sehr klein, wichtige Zentren wie das Rheinland mit den Galerien in Köln wie Rudolf Zwirner (zuerst in Essen), oder Düsseldorf (Alfred Schmela), aber auch das kleinere Münster in Westfalen mit der Galerie Clasing waren Orte, an denen man sich zu Eröffnungen und Künstlerfesten traf und wo Institutionen wie die Kunstvereine langsam begannen, Gegenwartskunst zu zeigen. Gewers stellte bei dem legendären junger westen in der Kunsthalle Recklinghausen 1957 unter Thomas Grochowiak aus, beteiligte sich an Künstlergruppen wie Neue Gruppe Münster 60 (mit u. a. Pan Walther, Hilm Böckelmann, Ernst van Briel, Albert Stuwe), die ebenso Ausstellungen (Galerie Clasing 1960) wie auch Editionen produzierten (Mappen von 1961 und 1964), und war seit 1965 Mitglied der Schanze in Münster, in der sich die westfälischen KünstlerInnen seiner Generation vereinigten.

Neben Gewers’ vielfältiger Ausbildung prägt seine katholische Erziehung in Westfalen sein Wirken und wird in späteren Jahren immer wichtiger. Durch die Kriegsgeschehnisse und das Verhalten der Kirchen im Nationalsozialismus in Frage gestellt, wurden die christlichen Gemeinden in der Nachkriegszeit doch als Gemeinschaften wiederbelebt, wozu der neue Aufbruch der Architektur, der sich in avancierten Kirchenbauten zeigte, entscheidend beitrug. Darüber hinaus fand Gewers hier, wie viele KünstlerInnen seiner Generation, neue Auftrag­geber. Christliche Themen und kirchliche Aufträge bestimmen eine Vielzahl seiner Aktivitäten und führten zu den schönsten Ergebnissen. So sind die Madonnen und der Kalvarienberg frühe Beispiele dafür, wie intensiv sich der Bildhauer mit diesen Themen auseinandergesetzt hat.

Ähnlich wie beim Frühwerk von Henry Moore, der eine Vielzahl von Madonnen schuf und in seinen Kreuzen keltische Vorbilder aufnahm, widmet sich auch Gewers diesen Themen als ein Bildhauer seiner Zeit. Der Kalvarienberg ist bei ihm eine flache Basis mit umso höher senkrecht aufragenden Kreuzen. Das zentrale Kreuz mit der Christusfigur wird zugleich von einer Scheibe umfangen, dem Lanzenstich des unten aufwartenden römischen Reiters unerreichbar und enthoben in das höhere Reich.

Die überlangen, an beiden Seiten stehenden Leitern sind ebenso wie die rechts und links ins Profil gedrehten weiteren zwei Kreuze mit Gekreuzigten formal zu Rahmenwerk geworden, das die mittlere Figur umso stärker nobilitiert. So eine bildhauerische Lösung ist keine schnell gefundene, sondern in zahlreichen Zeichnungen und kleineren Modellen erarbeitete. Das zeigen die frühere Fassung, bei der er mit einer einfacheren, weniger stilisierten und konzentrierten Häufung von Figuren und Kreuzen gearbeitet hat. Die klare Gliederung übersetzt sich in eine sinnfällige Ordnung Gottes, in der Christus das dominierende Element und gerade im Tod als Erlöser zum Herrscher wird. Einen weiteren Nebenweg der Entwicklung dieser Skulptur zeigen die zahlreichen Blätter mit Zeichnungen und Aquarellen mit von einer waagerechten Ebene vertikal aufstrebenden Konstellationen von waldähnlichen Dickichten bis zu aufragenden Industrieteilen und schließlich Lanzen und Kreuzen. Durch formale Analogien wechseln und bereichern sich die Möglichkeiten der Lebensstrukturen von horizontal und vertikal, von Verwurzeltsein und Ablösung, von Statik und Bewegung, von Sonne und Strahl in einer vom Künstler fortgeschriebenen Entwicklung.

Für weitere Objekte des religiösen Zusammenhangs hat Gewers überzeugende formale Lösungen gefunden. In der Kleinen Monstranz für das St. Franziskus-Hospital in Münster (1972) hebt er durch den reichen Einsatz von Bergkristallen in ungeschliffener und geschliffener Form die Transparenz und den Blick auf die geweihte Hostie hervor. Sie dient ganz als Gefäß und ist doch in der kristallinen und goldenen Fassung zugleich würdevoll und Abbild der göttlichen Vorsehung und Reinheit. Weitere kirchliche Aufgaben sind Betonglasfenster, Grabsteine, Taufsteine, Altäre und Kirchentüren, für die Gewers ebenso moderne wie individuelle Variationen erfindet und realisiert.
In den 1950er bis 1980er Jahren verhalf das Kunst am Bau-Gesetz, das bundesweit vorschrieb, einen Prozentsatz der Baukosten von Bundesbauten in Kunst zu investieren, Künstlern und Künstlerinnen zu neuen Aufgaben. Auch gab es die Vorstellung, dass die Kunst durch Spiel einen pädagogischen und heilenden Zweck verfolgen konnte. Gerade die Aufträge für Brunnen in den Fußgängerzonen der neu aufgebauten Städte wurden zu Orten der Kommunikation und des Spiels.

Auch Gewers beteiligte sich an einigen Wettbewerben für Kunst am Bau und Brunnen auf öffentlichen Plätzen; auch wenn nicht alle Wettbewerbe gewonnen werden konnten, blieben die schönen Modelle, mit denen sich Gewers bewarb, erhalten. Die Wasserspiele, Posaunenbrunnen und Musik­maschine sind wunderbare Entwürfe für durch Wasser bewegte Brunnenskulpturen, die leider nicht ausgeführt wurden. Der Künstler entwirft in Anlehnung an den Wuchs von Pflanzen vielteilige Skulpturenfelder, die durch ihre Vielfältigkeit und Lebendigkeit wie auch ihre Grünspan ansetzende Patina noch an Haptizität der Oberfläche gewinnen.

Gegen Ende der 1960er Jahre änderte sich nicht nur politisch sehr viel durch die 1968er Studentenrevolution. Die erste Mondlandung, die Bedrohung durch den Vietnamkrieg, die sich zeigenden Grenzen des Wachstums sowie neue Erkenntnisse der Physik beeinflussten die BildhauerInnen in dieser Zeit. Auch bei Gewers ändert sich der Ausdruck. Die Landschaften sind keine romantischen mehr, sondern zerstörte und von Technik durchdrungene, die durchfurcht, mit Leitungen und Antennen sowie Ausgucken versehen werden. Hier trifft die maschinelle Vorstellung von Architektur eines Le Corbusier auf die verwitterte, patinaträchtige, geschrundene Haut einer beeinträchtigten Erde, die auf Science Fiction-Filmsets wie die von Star Wars hinausweist. Die Inbesitznahme der Erde durch den Menschen (1969) zeigt als Bewerbung für eine Freiplastik am Fernsehturm von Münster wie Gewers das Thema der Entfremdung und Mechanisierung angeht. Die zunächst noch in einer kleinen Skizze angedeuteten Hochhäuser einer Stadtlandschaft weichen stärker abstrahierten Antennen, Käfigen, Batterien und stempelartig ausgebildeten Pfeilern, die eine Fläche ohne menschliche Figuren besetzen und auf einer Plattform, die – in der Schwebe gehalten über einen Betonblock geschoben – den ganzen Umraum dynamisiert. Diesen Entwurf hat Gewers in der zeittypischen Weise aus der Untersicht vor einer Stadtrandlandschaft mit Einfamilienhäusern fotografiert, so dass die Drastik des Entwurfs gegenüber der kleinstädtischen Umgebung gesteigert wird. Hinzu kommt die technische Fertigkeit des Bildhauers, mit der er den Bronzeflächen und -spitzen eine handgemachte, besondere Patina geben kann, die die Dramatik der verwittert oder verbrannt scheinenden Elemente bekräftigt.

»Kosmische Landschaften« nennt Gewers seine flachen Reliefs, die von Strahlen, Sonnenlichtsammlern und Akkumulatoren ähnlichen Apparaten geprägt sind. Das große Gipsmodell mit seinen Furchen und Strukturen zeitigt seinen Ursprung in den dystopischen 1970er Jahren. Vergleichbar den Skulpturen eines Edoardo Paolozzi aus den späten 1950er Jahren, in denen dieser Abdrücke von Maschinenteilen in seine Bronzeoberflächen von Figuren integriert, ist auch die Oberfläche dieser maschinenähnlichen Anlagen ebenso technoid wie apokalyptisch.

Ab den 1980er Jahren reizt der Bildhauer die neuen technischen Möglichkeiten des Betongusses in den Betonglasfenstern und den Reliefs (1984) aus, bei denen er Betongitter in mehreren Schichten überlagert und eine vegetabile, durchwucherte Struktur erstellt, die das Licht gebrochen durchscheinen lässt. Wieder zeigt sich Gewers Liebe zum Detail und die große künstlerische Sorgfalt, mit der er sich der Materialien annimmt. In seinem Kotten stehen die alten Vorbilder, bei denen er sich die Techniken absieht – die westfälischen Steinbildhauer wie die Brabender und Johann Wilhelm Gröninger und vor der Tür steht die bemooste Skulptur, die mit der Zeit immer schöner wird. Schließlich finden sich auf den Friedhöfen die Grabsteine, die er für Freunde und Auftraggeber entworfen und gehauen hat. In der späten Zeit nehmen die kirchlichen Aufträge noch mehr Raum ein und so prägt Gewers auch sein direktes Umfeld mit seinen Reliefs, Bauschmuck und Skulpturen.

Fährt man durch Hagen, sieht man in der Höhe an der Kirche den heiligen Martinus auf dem monumentalen Marmorrelief, wie er seinen warmen Mantel behutsam um die Schultern des Bettlers legt. Diese fast schon klassizistisch anmutende Arbeit von Gewers kann für sein spätes Werk stehen, in dem helle und gerundete Formen auftauchen und erneut seinem künstlerischen Ausdruck einen anderen Charakter geben. Das Einfache bleibt, so wie die Kreuzesgruppe auf dem Friedhof ihre Bedeutung durch die einfache Gruppierung, die die Kreuze zu einer Familie werden lassen, erhält.

Mag es westfälisch schlicht, mag es asketisch aus der Erfahrung des Mangels sein oder einfach bescheiden und gründlich, Bernhard Gewers hat in seinen Skulpturen Zeittypisches und Individuelles auf eine Weise verbunden, durch die sie über das bloß Regionale und bloß Individuelle hinaus zeigen. Es bleiben Werke, die nicht nur zu seiner Familie, der Gemeinde und dem Ort sprechen, sondern auch einen Einblick in ein detailreiches, vielfältiges, handwerklich wie künstlerisch anspruchsvolles Œuvre eines deutschen Künstlers der Nachkriegsmoderne ermöglichen. Darin trifft sich sein Werk mit dem der lange unbeachteten Künstler des Mittel­alters und der Renaissance aus Cleve, Soest und Münster, die er so sehr bewundert hat.

Carina Plath

"Die Inbesitznahme der Welt durch den Menschen"
Wandskulptur "Kosmissche Landschaft"
"Gefangen im Raum" ca. 1956
Arbeit an Freiplastik, 1969
"Kalvarienberg"
Reg Butler, Fotomontage

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